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BGH-Urteil zur Unwirksamkeit einer Erfindervergütungsvereinbarung nach § 23 Abs. 1 ArbEG

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 12. November 2024 (Az. X ZR 37/22) die Voraussetzungen für die Unbilligkeit einer Erfindervergütungsvereinbarung gemäß § 23 Abs. 1 des Arbeitnehmererfindungsgesetzes (ArbEG) konkretisiert.

Hintergrund des Falls

Der Kläger, ein ehemaliger Mitarbeiter im Forschungs- und Entwicklungsbereich, forderte die Fortsetzung der Berechnung seiner Erfindervergütung auf Basis einer früheren Festsetzung durch den Arbeitgeber. Diese sah eine prozentuale Beteiligung am erfindungsgemäßen Umsatz ohne Berücksichtigung eines Anteilsfaktors vor. Nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Oktober 2017 wurde die Berechnung jedoch unter Einbeziehung eines Anteilsfaktors von 0,15 und Lizenzsätzen von 6 % bzw. 3 % vorgenommen.

Entscheidung des BGH

Der BGH stellte fest, dass sich sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber auf die Unwirksamkeit einer Vereinbarung oder Festsetzung gemäß § 23 Abs. 1 ArbEG berufen können. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, der keine Differenzierung hinsichtlich der betroffenen Partei vorsieht, sowie aus den Vorstellungen des Gesetzgebers, der eine ausgewogene Berufungsmöglichkeit für beide Seiten beabsichtigt hat.

„Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Vergütungsvereinbarung nach § 23 Abs. 1 ArbNErfG unwirksam, wenn sie erheblich hinter dem gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung zurückbleibt. Hierzu muss ein objektiv erhebliches Missverhältnis zwischen der in der Vereinbarung niedergelegten und der gesetzlich geschuldeten Leistung bestehen (BGH, Urteil vom 4. Oktober 1988 - X ZR 71/86, GRUR 1990, 271, 272 - Vinylchlorid; BGH, Urteil vom 6. März 2012 - X ZR 104/09, GRUR 2012, 605 Rn. 27 - Antimykotischer Nagellack)“.

Ein solches Missverhältnis liegt vor, wenn die vereinbarte Vergütung um mehr als 100 % von der angemessenen Vergütung abweicht. Ein objektives Missverhältnis kann jedoch nicht allein aufgrund einer Überschreitung der angemessenen Vergütung um mehr als 100 % festgestellt werden. Entscheidend ist, ob zum Zeitpunkt der Festsetzung bereits eine Umsatzentwicklung absehbar war, die dauerhaft zu einer erheblichen Überschreitung der gesetzlich geschuldeten Vergütung führt. Zudem müssen bei einer Überschreitung von mehr als 100 % alle relevanten Umstände abgewogen werden, wie etwa die Praktizierung der Regelung über mehrere Jahre ohne unangemessene Belastungen für den Arbeitgeber. Diese Umstände können dazu führen, dass selbst eine deutliche Überschreitung nicht als unbillig im Sinne des § 23 Abs. 1 ArbEG anzusehen ist.

Im vorliegenden Fall wurde die ursprüngliche Vergütungsfestsetzung des Arbeitgebers, die eine Umsatzbeteiligung ohne Anteilsfaktor vorsah, über mehrere Jahre praktiziert. Der BGH betonte, dass eine einseitige Änderung dieser Festsetzung durch den Arbeitgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Insbesondere muss geprüft werden, ob die ursprüngliche Festsetzung unbillig im Sinne des § 23 Abs. 1 ArbEG war.

Auswirkungen für die Praxis

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen und ausgewogenen Festsetzung der Erfindervergütung. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass Vergütungsvereinbarungen keine erheblichen Abweichungen von der gesetzlich geschuldeten Vergütung aufweisen, um deren Unwirksamkeit zu vermeiden. Zudem wird klargestellt, dass beide Parteien die Möglichkeit haben, sich auf die Unbilligkeit einer solchen Vereinbarung zu berufen. Wir unterstützen Sie gerne bei der Ausarbeitung einer Vergütungsvereinbarung.

Amtliche Leitsätze des BGH

  • Auf die Unwirksamkeit einer Vereinbarung gemäß § 23 Abs. 1 ArbNErfG darf sich gegebenenfalls auch der Arbeitgeber berufen.
  • Aus Rechtsgründen ist es nicht zu beanstanden, dass ein objektives Missverhältnis in Anlehnung an die Entscheidungspraxis der Schiedsstelle grundsätzlich bejaht wird, wenn die vorgesehene Vergütung bei Berücksichtigung aller für sie maßgeblichen Faktoren das Doppelte des auf der Grundlage der Richtlinien berechneten Betrages überschreitet.
  • Bei einer Überschreitung des auf diese Weise als angemessen ermittelten Betrages dürfen die Umstände, unter denen die Festlegung zustande gekommen ist, und die Zeitdauer, während der die getroffene Regelung praktiziert worden ist, nicht außer Acht bleiben.

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