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„Dekorformteil“
Die Beschreibung eines Merkmals im Stand der Technik mit einer alternativen oder gegenteiligen Ausgestaltung zum beanspruchten Streitpatent kann eine erfinderische Tätigkeit nicht grundsätzlich begründen, wenn die Ausgestaltung lediglich als beispielhafte Ausgestaltung beschrieben ist.
Die Anmeldung DE 10 2018 221 678.9 „Dekorformteil“ ist am 13. Dezember 2018 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen und wurde von der Prüfungsstelle für Klasse B60R durch Beschluss vom 25. März 2020 zurückgewiesen.
Gegen diesen ihr am 30. März 2020 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde (9 W (pat) 18/20) der Patentanmelderin, die am 30. April 2020 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist. Mit ihrer Beschwerdebegründung vom 24. August 2020 widerspricht die Beschwerdeführerin den Ausführungen der Prüfungsstelle im Zurückweisungsbeschluss.
Die Anmelderin sieht die Gegenstände der Patentansprüche in der ursprünglich eingereichten Fassung als neu sowie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend an. So offenbare die Druckschrift E1 zwar Holz und Metall als Materialien für Dekorlagen, lehre in diesem Zusammenhang aber ausschließlich, dass eine harte Dekorlage in eine weiche Dekorlage gedrückt werde. Damit stehe die der Druckschrift E1 entnehmbare Lehre aber dem erfindungsgemäßen Gegenstand diametral entgegen, da im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 beansprucht wird, dass
„die zweite Dekorlage (2) durch ein Holzfurnier und die erste Dekorlage (1) aus einer Metallfolie ist und dass die zweite Dekorlage (2) in die erste Dekorlage (1) eingedrückt ist“.
Die Beschwerde ist als zulässig eingestuft worden. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg, denn die Gegenstände des jeweiligen Patentanspruchs 1 in der Fassung nach dem Hauptantrag sowie in den Fassungen nach allen Hilfsanträgen sind zwar jeweils für den Fachmann in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart, dass er diese ausführen kann, sie beruhen aber jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach dem Hauptantrag bzw. nach allen Hilfsanträgen sind daher jeweils nicht patentfähig.
Bei dem aus der Druckschrift E1 bekannten Stand der Technik werde ein härteres Material auf eine durchgehende Lage eines weicheren Materials aufgelegt, welches durch eine Furnierlage gebildet sein könne. Die härtere Lage werde durch ein Metall ausgebildet (vgl. Absatz [0008] der Offenlegungsschrift).
Das in dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beanspruchte Dekorformteil beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. So ist der Druckschrift E2 in Figur 1 ein Dekorformteil zu entnehmen, das eine als erste Schicht 1 bezeichnete erste Dekorlage sowie einen als zweite Schicht 2 bezeichneten Träger aufweist, der an die erste Schicht im Spritzgussverfahren angespritzt ist. Die erste Dekorlage ist dabei vorzugsweise aus einer Aluminium- oder Stahlfolie hergestellt (vgl. Seite 4, letzter Absatz, und Seite 5, erster Absatz).
Nach Auffassung des zuständigen Senats ist lediglich das noch verbleibende Merkmal, wonach die zweite Dekorlage durch ein Holzfurnier gebildet ist, der Druckschrift E2 nicht unmittelbar zu entnehmen.
Beim Studium der Druckschrift E2 erkennt der Fachmann aber, dass die Lehre der Druckschrift E2 nicht auf dieses Ausführungsbeispiel beschränkt ist und sie sich somit nicht ausschließlich auf die Verwendung von Druckerfarbe als Auftrag bezieht. Dies folgt schon aus den Ausführungen auf Seite 5 in den letzten beiden Zeilen, welche die Verwendung von Druckfarbe als Auftrag dort ausdrücklich als Beispiel nennen und auch aus der Reihenfolge der Unteransprüche. Denn erst in Anspruch 11 wird die Verwendung von Druckerfarbe als Auftrag als vorteilhafte Weiterbildung beansprucht.
Vielmehr kamen am Anmeldetag der vorliegenden Patentanmeldung für den Fachmann naheliegend auch anderweitige Materialen oder Werkstoffe als Auftrag in Betracht, welche einerseits üblicherweise im Fahrzeugbereich verwendet werden und mit denen sich andererseits auch ein solcher Auftrag in den in der Druckschrift E2 angegebenen Maßen, etwa der Höhe des Auftrages, realisieren lässt, soweit – als weitere Einschränkung - zu deren Verwendung zum Anmeldezeitpunkt von Seiten des Fachmanns grundsätzlich keine Vorbehalte bestanden (vgl. BGH GRUR 2010, 322, Leitsatz – Sektionaltor).
Holzfurniere stellen nach Auffassung des zuständigen Senats für den Fachmann einen im Bereich der Dekorformteile für Fahrzeuge üblichen Werkstoff dar, der für Darstellungen oder teilflächige Veredelungen von Oberflächen breite Verwendung findet und der dort in der Regel in Dicken von 0,1 mm bis zu 1,0 mm verarbeitet wird (vgl. als Beleg: Druckschrift E3 - Seite 3, Zeile 34 bis Seite 4, Zeile 9). Für den Fachmann lag es mit Blick auf das in der Druckschrift E2 offenbarte Dekorformteil insoweit nahe als Auftrag auch solche im Fahrzeugbereich vielfach verwendete Holzfurniere in Betracht zu ziehen.
Der Fachmann wird demnach in naheliegender Weise ein Holzfurnier als zweite Dekorlage beim Dekorformteil nach Druckschrift E2 verwenden und das gegenüber der Offenbarung der Druckschrift E2 noch verbleibende Merkmal M3.2 kann daher eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
Auch die Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen können nach Ansicht des zuständigen Senats keine erfinderische Tätigkeit begründen. Die Beschwerde wurde zurückgewiesen.