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Geänderte Verfahrensordnung der Beschwerdekammern
Mit Beginn des neuen Jahres 2020 ist die überarbeitete Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) des Europäischen Patentamts (EPA) in Kraft getreten. Damit müssen sich Beteiligte im Beschwerdeverfahren des EPA mit weitreichenden Veränderungen auseinandersetzen, und das grundsätzlich auch für bereits anhängige Beschwerdeverfahren. Das EPA teilt mit, durch die Überarbeitung die Effizienz des Beschwerdeverfahrens steigern zu wollen, indem die Zahl der zu verhandelnden Angelegenheiten reduziert werde. Auch soll die Vorhersehbarkeit für die Beteiligten verbessert und die Harmonisierung gefördert werden. Durch die Änderungen der VOBK soll klargestellt werden, dass es das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens sei, die angefochtene Entscheidung lediglich gerichtlich zu überprüfen. Ausdrücklich sollen hierbei die Beteiligten mit zunehmendem Fortschreiten des Beschwerdeverfahrens immer weniger Möglichkeiten zur Änderung ihres Vorbringens erhalten.
Der Wunsch des EPA nach einer Straffung des Beschwerdeverfahrens ist nachvollziehbar. Die Anzahl der anhängigen und auch eingehenden Beschwerden nach in den letzten Jahres stetig zu. Auch in der Praxis wird eine zunehmende Verfahrensdauer erkennbar. Gleichwohl bergen die Änderungen für die Beteiligten die Gefahr, sich auf das Beschwerdevorbringen reduziert zu müssen, sodass bereits geringfügige Änderungen oder auch nur der Bezug auf erstinstanzlich Vorbringen nicht mehr Berücksichtigung finden.
Besonders deutlich wird die Straffung des Beschwerdeverfahrens durch den geänderten Artikel 12 der VOBK. Während bislang das gesamte erstinstanzliche Vorbringen der Beteiligten berücksichtigt werden konnte, liegt dem Beschwerdeverfahren nunmehr aus dem vorangegangenen Verfahren lediglich die angefochtene Entscheidung und die Niederschriften über mündliche Verhandlungen zugrunde. Besondere Bedeutung erhält damit das Beschwerdevorbringen der Beteiligen, welches vollständig alle geltend gemachten Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel anführen muss. Darüber hinaus werden nicht mehr aufrechterhaltene Anträge, Tatsachen, Einwände oder Beweismittel nicht mehr zugelassen, sofern dies nicht durch besondere Umstände gerechtfertigt erscheint. Mehr als bislang ist daher Weitsicht und Erfahrung gefragt, um das relevante Vorbringen rechtzeitig und im ausreichendem Umfange in das Verfahren einzuführen.
Im Hinblick auf das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens, die angefochtene Entscheidung gerichtlich zu überprüfen, ist das Beschwerdevorbringen der Beteiligten auf die Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel zu richten, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen. Der Beteiligte hat jede Änderung klar zu kennzeichnen und zu begründen, warum sie im Beschwerdeverfahren erfolgt. Dabei obliegt es dem Beteiligten, zu zeigen, dass dieser Teil in dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, in zulässiger Weise vorgebracht und aufrechterhalten wurde. Somit sind die Rechtzeitigkeit und die hinreichende Substantiierung des Vorbringens in der ersten Instanz darzulegen. Um möglichen Problemen vorzubeugen, die sich aus der Nachweisbarkeit der Rechtzeitigkeit und Substantiierung in der mündlichen Verhandlung ergeben, kann es sich anbieten, relevantes Vorbringen bereits frühzeitig im schriftlichen Verfahren einzureichen.
Es zeigt sich daher, dass die Überarbeitung der VOBK sich nicht nur auf das Beschwerdeverfahren auswirken, sondern auf grundsätzliche strategische Überlegungen im Einspruchs- oder Erteilungsverfahren Einfluss haben wird.