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Merkmalsanalyse zur unzulässigen Erweiterung, zur neuheitsschädlichen Vorwegnahme und zur erfinderischen Tätigkeit durch den 19. Senat
BPatG 19. Senat (Techn.Beschw.)
Entscheidungsdatum: 3. Juli 2024
Aktenzeichen: 19 W (pat) 4/23
„Antrieb für ein Verschlusselement eines Kraftfahrzeugs“
Gegen das am 5. Oktober 2017 erteilte Patent 10 2014 117 479 „Antrieb für ein Verschlusselement eines Kraftfahrzeugs“ hat die Einsprechende am 3. Juli 2018 Einspruch erhoben mit der Begründung, der Gegenstand des Patents gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, ferner mangele es ihm sowohl an Neuheit als auch an erfinderischer Tätigkeit; darüber hinaus sei die Erfindung nicht ausführbar offenbart. Mit am Ende der Anhörung vom 21. November 2022 verkündetem Beschluss hat die Patentabteilung 56 des DPMA das Patent widerrufen.
Hiergegen richtet sich die am 5. Januar 2023 eingelegte Beschwerde der Patentinhaberin.
Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin hat insoweit Erfolg, als der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Streitpatent im Umfang des Hilfsantrags 4 vom 7. Juni 2024 aufrechtzuerhalten war. Denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags 4 erweist sich gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik als patentfähig.
Erwähnenswert ist aus der vorliegenden Entscheidung die Merkmalsanalyse, in welcher der Senat ausführt, dass der Angabe „länglich“ die Fachperson lediglich die Bedeutung beimisst, dass die axiale Erstreckung größer als die radiale Erstreckung ist. Eine beschränkende Aussage über das Verhältnis der Dimensionen der beiden Koppelelemente zueinander entnimmt die Fachperson diesem Merkmal nicht.
Ebenfalls bemerkenswert ist die Merkmalsanalyse zu dem Merkmal, dass das Gehäuse des Antriebsmotors eine Verjüngung aufweist. Nach Ansicht des Senats betrifft diese konstruktive Ausgestaltung und auch die damit verbundene Wirkung ausschließlich dieses Gehäuse und wird nicht durch zusätzliche oder gleichwirkende Maßnahmen bzw. Elemente herbeigeführt.
Die Angabe „Verjüngung“ impliziert dabei nach Ansicht des Senats, dass es gegenüber dem verjüngten Bereich einen nicht verjüngten, also dickeren Bereich des Antriebsmotorgehäuses gibt. Da Elektromotoren überwiegend ein kreiszylindrisches Gehäuse haben, geht die Fachperson mangels von diesem Verständnis abweichender Angaben davon aus, dass der Antriebsmotor ein kreiszylindrisches Gehäuse mit mindestens zwei unterschiedlichen Durchmessern hat.
Elektromotorengehäuse mit unterschiedlichen Durchmesserbereichen sind gang und gäbe und daher der Fachperson geläufig. Auch in den von der Einsprechenden genannten Druckschriften sind demzufolge etliche solcher Motorengehäuse mit einem Verjüngungsbereich zu finden.
Aus keiner der Druckschriften geht jedoch hervor, den Motor mit einem Gehäuse, das unterschiedliche Durchmesserbereiche hat, derart einzubauen, dass das der Spindelmutter zugeordnete Koppelelement in einen Bereich zwischen dem Motorgehäuse und dem der Spindel zugeordneten Koppelelement eintauchen kann. Daher wird der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 durch den vorliegenden Stand der Technik nicht neuheitsschädlich vorweggenommen.
Somit war der Beschluss der Patentabteilung aufzuheben und das Patent im Umfang des Hilfsantrags 4 aufrechtzuerhalten.