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X ZR 15/19 - Ausreichende Offenbarung breit beanspruchter Erfindungen

Um den Schutz einer Erfindung nicht unnötig zu beschränken, kann es sinnvoll sein, die schutzbegründenden Patentansprüche zunächst möglichst breit zu formulieren. Dies soll einen angemessenen und ausreichenden Schutz für den Anmelder gegen die Benutzung der Erfindung durch Dritte sicherstellen.

Allerdings ist die Erfindung einer Patentanmeldung gemäß § 21 Abs. 1, Nr. 2 PatG, § 34 Abs. 4 PatG und Art. 83 EPÜ dabei so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Dies ist nach gängiger Rechtsprechung dann erfüllt, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbaren Aufwand in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs auf Basis der Gesamtoffenbarung über den gesamten beanspruchten Bereich der Erfindung auszuführen. Insbesondere das Erfordernis der Offenbarung der patentgemäßen Lehre über den gesamten beanspruchten Bereich kann bei einer breiten Anspruchsfassung problematisch sein.

In der Entscheidung X ZR 15/19 vom 17.12.2020 - betreffend eine Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil eines europäischen Patentes - stellte der BGH fest, dass unter bestimmten Gesichtspunkten eine ausreichende Offenbarung selbst dann vorliegt, wenn trotz einer breiten Anspruchsfassung nur in Teilbereichen des beanspruchten Bereiches nachbearbeitbare Wege zur Ausführung der Erfindung angegeben sind.

Das der Entscheidung zugrunde liegende Streitpatent betraf die Produktion von Aminosäuren mittels Fermentation unter Verwendung genetisch veränderter Mikroorganismen, wobei sich die Streitpatentschrift hauptsächlich mit bestimmten Aminosäuren befasste.

Die Nichtigkeitsklägerin wendete im Hinblick auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Offenbarung ein, dass in der Streitpatentschrift eine erhöhte Produktion hinsichtlich aller beanspruchten Aminosäuren nicht offenbart werde und eine große Anzahl Aminosäuren existiere, die zwar unter den Schutzbereich fiele, die aber nicht ausführbar offenbart sei.

Auf diesen Einwand hin wurde vom BGH klargestellt, dass das Erfordernis der Ausführbarkeit einer Erfindung bereits als erfüllt gelte, wenn dem Fachmann ein allgemeines Lösungsschema an die Hand gegeben wird. So reiche aus, wenn zumindest ein nachbearbeitbarer Weg zur Ausführung der Erfindung offenbart ist. Keineswegs müssten alle unter den Patentanspruch fallenden Ausführungsformen ausführbar offenbart sein. Auch ein verallgemeinerter Patentanspruch - wie im vorliegenden Fall - könne dem Erfordernis der ausreichenden Offenbarung genügen, sofern der beanspruchte Schutz sich innerhalb des Bereiches erstreckt, den der Fachmann der Beschreibung und den Ausführungsbeispielen als allgemeinste Form der technischen Lehre entnimmt, die das der Erfindung zugrunde liegende Problem löst.

Auf Grundlage dieser Anforderungen an die ausreichende Offenbarung einer Erfindung wurde die Klage abgewiesen.

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